Die „neuen Alten“ 1 Kommentar


Herbst des Lebens oder ewiger Frühling

orange_punktAls bekennender Tatort-Fan habe ich neulich Andrea Sawatzki (die große rothaarige Kommissarin im Tatort) in einer Talkshow gesehen und bin erschrocken. Das Gesicht sieht aus wie bei einem Clown, die Haut straff hinter die Ohren gezogen, der Busen aufgepumpt auf Doppel-D. Warum macht diese bildschöne Frau so etwas?
Die Menschen sehnen sich schon immer nach ewiger Jugend und kämpfen mit den Spuren des Alterns. Sie wollen alt werden und dabei jung aussehen. Simone de Beauvoir hat 1963 in ihren Memoiren ihren Kampf mit dem Alter in drastischen Worten beschrieben.

»Solange ich mein Gesicht ohne Missfallen betrachten konnte, vergaß ich es, es verstand sich von selbst. Jetzt ist alles vorbei. Ich hasse mein Spiegelbild: über den Augen die Mütze, unterhalb der Augen die Säcke, das Gesicht zu voll und um den Mund der traurige Zug, der Falten macht. Die Menschen, die mir begegnen, sehen vielleicht nur eine Fünfzigjährige, die weder gut noch schlecht erhalten ist. Sie hat eben das Alter, das sie hat. Ich aber sehe meinen früheren Kopf, den eine Seuche befallen hat, von der ich nicht mehr genesen werde.«
(Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/altern-und-jugendwahn.1184.de.html)

In der Antike empfahl man, um jung zu bleiben, ein maßvolles Leben und körperliche Ertüchtigung. Im Lauf der Jahrhunderte war man immer wieder auf der Jagd nach Elixieren, die das Altern verzögern sollten. Schauen wir uns die Cremes und Anti-Aging Produkte der Schönheitsindustrie an, hat sich das bis heute nicht geändert.

Manchmal nimmt dieser Schöhnheits- und Jugendwahn schon bizarre Formen an. Madonna ist jetzt 56 Jahre alt (*geboren am 16. August 1958) und vermarktet sich immer noch mit ihrem sexy-Image. Ich habe im Fernsehen eines ihrer letzten Konzerte angeschaut, und ihr Muskukus gluteus maximus ist auch nicht mehr so knackig wie in früheren Jahren. Auch Madonna ist nicht „forever young“, da helfen auch makrobiotische Kost, drei Stunden Yoga am Tag und junge Liebhaber nicht mehr.

Die Altersstruktur in der Bevölkerung hat sich geändert. Die Geburtenrate in Deutschland ist rückläufig. Es gibt viele Menschen im mittleren Alter und die Lebenserwartung der Menschen ist im 20. Jhdt. in Westeuropa, USA, Kanada, Japan und Australien um ca. 30 Jahre gestiegen.
Menschen ab 50 Jahre werden heute als „Best Ager“ bezeichnet. Also als Menschen, die im besten Alter ihres Lebens sind. Wobei es natürlich völlig subjektiv ist, was der einzelne als sein bestes Lebensalter empfindet. Außerdem, rein objektiv, ist die körperliche Verfassung in diesem Lebensabschnitt biologisch nicht auf dem Höhepunkt – im Gegenteil.

Die Wirtschaft und die Medien haben die „Best Agers“ als finanzkräftige Zielgruppe entdeckt. Noch vor einigen Jahren befand man sich in diesem Alter im Herbst seines Lebens, heute erleben viele Menschen dieser Altersgruppe ihren zweiten Frühling. Sie haben endlich das Geld und die Zeit, um sich lang gehegte Wünsche zu erfüllen.

Da werden Fitness und Sprachkurse besucht, Reisen gemacht, Geld für Nahrungsergänzungsmittel ausgegeben etc. Es gibt sogar ein spezielles Fernsehprogramm und Fitnesskurse für Best Agers.
Die Älteren werden wieder Arbeitspotential. Wo qualifizierte Fachkräfte knapp werden, greift man im Gegensatz zu früheren Jahren, in denen man um die 40 schon zum „alten Eisen“ gehörte, nun auch zu älteren Fachkräften. Der arbeitende Mensch geht auf Grund seiner höheren Lebenserwartung später in Rente, will länger arbeiten. Auch unser Bundespräsident unterstützt diese Entwicklung.

Heute wollen die älteren Menschen länger aktiv bleiben, sowohl geistig wie auch körperlich. Das ehemalige Ideal vom Ruhesitz im Alter, das „vita contemplativa“ (Nachdenken über das eigene Leben und den eigenen Tod) ist überholt.

Wer „in sein“ will, ist schon fast gezwungen aktiv zu sein. Diese Entwicklung, auch jenseits der 50 körperlich so fit sein zu wollen wie ein 20 Jähriger, wirkt für mich in manchen Bereichen befremdlich. Manchmal wird es sogar gefährlich, wenn ältere Menschen ihre Ressourcen überschätzen.

Am Wochenende, es war ein heißer Vormittag und ich war relativ zügig mit meinem Mountain-Bike unterwegs, wurde ich von einem etwa 70 bis 80 Jahre alten Mann auf einem Rennrad überholt. Kopf knallrot, das Rad bedenklich schwankend zog er stolz an mir vorbei. Ich dachte nur, jetzt kriegt er gleich einen Herzanfall! Aber Hauptsache, er hat sich von der Jugend nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Ein anderes Beispiel ist, dass einige Senioren ihre Reaktionsfähigkeit beim Autofahren nicht mehr einschätzen können. Beispielsweise wenn ein Senior mit 60 Stundenkilometer auf der Landstraße vor dir im Auto umherschleicht, die Spur nicht halten kann und fast auf die Gegenfahrbahn gerät. Sollte es da nicht mal einen Senioren TÜV geben?

Unsere Gesellschaft ist fixiert auf Vitalität, Attraktivität und Jugend. Somit zeigen wir aber auch unsere Angst, uns mit dem eigenen Alter und dem Tod zu beschäftigen. Wir können dem Alter nicht davon laufen. Es spricht nichts dagegen, sich solange wie möglich fit zu halten und der Wunsch auch noch lange attraktiv auszusehen ist gerade für mich als Frau durchaus nachzuvollziehen. Es ist schon ärgerlich, wenn das Fett sich immer nur an einer Stelle, nämlich am Bauch verteilt…
Die Frage ist, kann man mit Würde alt werden? Oder muss man um jeden Preis jung bleiben, auch auf die Gefahr hin, sich beispielsweise durch mißlungene Schönheitsoperationen lächerlich zu machen oder seine körperlichen und geistigen Grenzen zu überschreiten und damit sich selbst und andere zu gefährden?

orange_punktE.T.

Quelle: http://natune.net/zitate/alter Quelle: http://www.zitate.de/kategorie/Alter

Quelle: http://natune.net/zitate/alter
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Ein Gedanke zu “Die „neuen Alten“

  • Bernadette

    Hey 🙂

    Ja das ist auch ein Thema was mich zur Zeit beschäftigt. Jetzt wo ich so als Erwachsene gelte. Es fühlt sich manchmal ein bisschen komisch an, doch ich versuche optimistisch zu denken, denn wenn ich einen älteren Menschen nur etwas länger ansehe finde ich auch da etwas schönes. Es ist doch mehr die Ausstrahlung als der Körper an sich den wir schön oder besonders schön finden. Trotzdem muss ich gestehen, dass ich Menschen die mir Angst machen, doch trotz alle dem sehr hässliche finde.

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