Alpinisten vertrauen auf Seilschaften, Teil 2


altNochmals kurz für diejenigen, die den 1. Teil des „CDI St. Gallen-Reiseberichts“ nicht lesen konnten. Der ComeToAct Award 2011 wird gefördert und verliehen vom CDI, Center for Disability and Integration an der HSG – Uni St. Gallen. Hintergrund ist, Firmen aus der Schweiz, Österreich und Deutschland sowie Liechtenstein zu belohnen, die sich in überaus hervorragendem Maß für behinderte Menschen einsetzen. Da mir dieser Event so viel Power und positive Zuversicht und  Motivation für die kommenden Monate gegeben hat, kann ich den gesamten Ablauf nicht in nur einem 2. Akt fortführen und vollenden, ihr könnt noch mit weiteren Fortsetzungen rechnen.

 

 

 

Das Programm des Symposiums in Auszügen wie folgt mit dem Auftakt:

14:30-14:45    Begrüßung durch den Veranstalter, Prof. Dr. Eva Deuchert,
        Direktorin des CDI-HSG (Center for Disability and
        Integration – Hochschule St. Gallen)

14:45-15:00    Begrüßung durch den Sponsor, die Evangelisch-refor-
        mierte Kirche des Kantons St. Gallen, vertreten durch
        Urs Noser, Kirchenrat

15:00-15.30    „Ja, es geht! Unternehmerischer und sportlicher Erfolg
        auch mit einer Behinderung“, Reinhard Sampl, Österreich

Bei ihrer Eröffnungsrede stellte Fr. Prof. Dr. Eva Deuchert im Grundsatz die soziale Verantwortung in den Vordergrund. Auch sollte der Focus auf Wirtschaftlichkeit gerichtet sein, denn es ist volkswirtschaftlich notwendig, behinderte Menschen zu beschäftigen und daher durchaus machbar und wirtschaftlich sinnvoll.

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Der Sponsor des ComeToAct Award war die Evangelisch-reformierte Kirche des Kanton St. Gallen, vertreten durch Urs Noser, Kirchenrat Rheintal. An den Gewinner sollten 15.000 Schweizer Franken übergeben werden.

Urs Noser begann seine Rede mit den warmen Worten: „Es freut mich und ehrt mich, zu Ihnen sprechen zu dürfen und eine Rolle zu spielen. Was hat die Kirche mit der Thematik zu tun.“ Er spricht darauf an: „Der gelähmte Mann wird auf einer Bahre durch´s Dach des Versammlungsraums gehoben, um an Jesus´ Predigt teilhaben zu können.“ Das soll uns allen in Erinnerung bringen, dass Inklusion schon immer Thema war und vor knapp 2000 Jahren ohne Konvention einfach stattfand.
Er schlussfolgert hier 3 wichtige Punkte für behinderte Menschen:
1. Das Ziel des Menschen wird vorangestellt, dabei zu sein und dazu zugehören
2. Soziale Netzwerke sind notwendig, Freunde, die einen begleiten
3. Zur Innovation bedarf es auch unorthodoxer Lösungen, um Probleme anzugehen
Das Hauptanliegen der Kirche: „Zeigen Sie, dass es geht!“ umschreibt Urs Noser wie folgt: „Unkomplizierte und unorthodoxe Arbeits- und Umgangsweise sind Parameter unserer Kantonalkirche. Es ist uns ein Anliegen, Menschen so zu nehmen, wie sie sind, sie ganz einfach ausbildungsorientiert einzusetzen.“
Alle Menschen sollten nach ihren Begabungen und Stärken gemessen werden, nicht an Schwächen und Beeinträchtigungen.

Der 3. Redner war Reinhard Sampl aus Österreich. Er ist Jury Mitglied des ComToAct .
Seit 1996 ist er Rollstuhl-Fahrer. Bei einem Skiunfall im Training zog er sich einen Wirbelsäulenbruch zu und ist seither querschnittgelähmt. Doch der Sportler gab nie auf, er spielt Basketball, fährt Handbike, 340 km in 3 Std. und 40 Min, ist Mitglied im österreichischen Nationalteam Mono Ski und fuhr bei den Paralympics auf den 4. Platz. Er will noch mal zur Olympiade, um sich seinen Medaillentraum zu verwirklichen. Er fährt DTM Rennen (Sponsoren Red Bull und Audi) und Motorrad-Rennen, ist Unternehmer, er hat ein eigenes Modelabel für Rollstuhlfahrer kreiert. Weil die normalen Shirts und Hemden einfach immer hochrutschen im Rollstuhl, hat er gut sitzende Kleidung für Rollstühle entworfen unter dem Label XSampl. Außerdem betreibt er eine Fitnesskette für Rolli-Fahrer in Österreich.
Schaut Euch, wenn Ihr könnt, auf you tube das folgende Video an: „Reini Sampl Wildspitz-Trailer“. Zu diesem Film noch die kleine Geschichte, die Herr Sampl den Teilnehmern erzählte. Eines Abends saß er mit seinen Freunden auf ein Glaserl Wein zusammen, sie planten die Wildspitz früh morgens zu besteigen, er sagte.: „Ich will mit“.
Hierzu die  Anmerkung: Die Wildspitze ist mit 3.768 Meter Höhe der höchste Berg Nordtirols und der Ötztaler Alpen. Sie ist nach dem Großglockner (3.798 m) der zweithöchste Berg Österreichs. Seine Freunde nahmen ihn beim Wort, zogen ihn an Seilen auf dem Monoski diesen Berg hoch, teilweise noch im Dunkeln mit Stirnlampen. Seine wichtigste Erinnerung dabei war, dass er erfahren hat, wie schön und wichtig es sein kann, dass man seinen Freunden vertraut, da er ja eigentlich gar nichts tun konnte und sie ihn steil bergauf zogen.
Der einzige Unfall bei dieser Geschichte war dann wohl, dass der Kameramann sich den Fuss gebrochen hatte beim Dreh und mit dem Heli gerettet werden musste. Er selbst betete zum lieben Gott, bevor er abfuhr: „Bitte lass mich auf die Österreichische Seite und nicht auf die Italienische fallen, falls etwas schiefgeht“ Darüber konnte wahrscheinlich nur ich lachen, weil ich nach einem Skiunfall 1979 eine Nacht im Brixener Krankenhaus verbringen durfte und seither die Deutschen Krankenhäuser wirklich schätzen gelernt habe. Solltet Ihr mehr über ihn und seine Biographie lesen wollen, die findet Ihr hier: www.rs1.at.

Bitte liebe Kollegen und Kolleginnen, nehmt diesen Mann einmal als Beispiel: „Ja es geht.“ Ein Mensch, dem ein Bruch der Wirbelsäule diagnositiziert wird, träumt noch ca. 6 Monate davon, dass er wieder laufen kann. Muss sich dann irgendwann mit der Situation arrangieren, fiel mit Sicherheit auch in ein Loch, auch er hatte irgendwann einen „Burn Out“, weil er sich nichts nehmen ließ und in die Arbeit stürzte.
Ergo, Ihr habt 2 Beine zum Laufen und müsst es nur tun. Täglich aufstehen und einfach losgehen. Herr Sampl nennt uns liebevoll „Fußgänger“. Dies noch zur Aufklärung meiner Aussage in der Herbstausgabe: „Dann öffnete jemand die Tür und ein Mann im Rollstuhl fuhr herein, er sah irgendwie total erschöpft aus und hatte sofort mein Mitgefühl. Zu ihm kommen wir später noch einmal, Reini Sampl.“ Wie schnell wir uns durch eine vorgefaßte Meinung einfach täuschen können. Menschen falsch einschätzen oder Mitgefühl zeigen wollen, obwohl dies vielleicht nicht einmal der richtige Weg ist. Die Erschöpfung, die Herrn Sampl ins Gesicht geschrieben stand, kam wohl eher von einer Operation nach einem Skiunfall etwa eine Woche zuvor. Er ist Eigentümer mehrerer Metallplatten auf seinen Knochen, die so auch im Pass eingetragen sind, damit  beim Einchecken ins Flüagi der Alarm vorgewarnt ist.
„Hilf Dir selbst, so hilft dir Gott.“ und wenn das nicht mehr geht, nimm die Hilfe an, die Dir die Menschen im GpZ anbieten!
Frohe Weihnachten – Mehr im Neuen Jahr 2012 – und Guten Rutsch bis dahin

Eure Daniela S.