Warum kommen Kinder ins Heim?


WARUM KOMMEN KINDER IN EIN HEIM UND WELCHE AUFGABEN HABEN DIE ERZIEHER UND PÄDAGOGEN, WAS IST DIE GESETZLICHE GRUNDLAGE FÜR EINE
HEIMUNTERBRINGUNG VON KINDERN?

Wie fast alles im Leben, ist auch die Heimerziehung gesetzlich geregelt. 
Die  Grundlage hierfür ist das Kinder- und Jugendhilfegesetz. Darin heißt es:
§ 34 Heimerziehung, sonstige betreute WohnformHilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung vom Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie

  1. eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
  2. die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
  3. eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbstständiges Leben vorbereiten. Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und
    unterstützt werden.

Warum kommen Kinder und Jugendliche in Heime und welche Aufgaben haben die Erzieher?
Die Erzieherinnen und Erzieher können, sollen und wollen jedoch die leiblichen Eltern nicht ersetzen. Gleichwohl besteht ihre Aufgabe darin, für  positive Lebensperspektiven, einen festen Halt, für Geborgenheit  zu sorgen sowie eine gefestigte Zukunftsperspektive (Schule, Ausbildung) zu vermitteln. Anstelle der Eltern halten die Erziehungspädagogen unter anderem den Kontakt zu den Ausbildern und Lehrern und geben bei sachlichen Schwierigkeiten (Noten, Bewertungen) und Problemen zwischenmenschlicher Art Hilfeleistungen, geben Ratschläge und wirken motivierend auf die Kinder und Jugendlichen ein. Nach einer vom Jugendamt angeordneten Heimunterbringung vermitteln die Erzieherinnen und Erzieher auch wieder den Erstkontakt zum Elternhaus. Dies geschieht aber nur auf ausdrücklichem Wunsch des Kindes oder des Jugendlichen. Da diese in kleinen Wohngruppen untergebracht sind, entsteht so etwas wie eine Familiensituation. Dabei wird auch größten Wert darauf gelegt, eine möglichst familienähnliche Lebenssituation zu schaffen. Durch gemeinsames Kochen, Aufteilung der Hausdienste wie Putzen, Abwaschen, Wäsche waschen, Mülldienst usw., werden die Jugendlichen auf den Alltag vorbereitet. Viele Heime bieten gerade an Wochenenden und in den Ferien ein kinder- und jugendgerechtes Freizeitprogramm  für diejenigen an, denen die Tür zum Elternhaus verschlossen bleibt oder für diejenigen, welche keinen Kontakt zum Elternhaus wünschen. Auch externe psychologische Dienste, wie Drogen- und Suchtberatungsstellen, stehen den Kindern und Jugendlichen ebenfalls beratend zur Seite. Nicht selten gibt es feste Beratungszeiten in den Heimen oder Wohngruppen. Somit wird in Heimen und Wohngruppen den Kindern und Jugendlichen schnell und unbürokratisch geholfen, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren.
Bezogen auf Gesamtdeutschland zeichnet sich nach Angaben des statistischen Bundesamtes in Wiesbaden folgende Entwicklung bei der Heimerziehung ab:
Eine dramatische Entwicklung in der Erziehung zeichnet sich in Deutschland ab. Immer mehr Kinder und Jugendliche leben in Heimen. Dies liegt daran, dass die Jugendämter immer häufiger in das Familienleben eingreifen müssen. Laut dem Bundesamt für Statistik kamen im Jahr 2009 33.700 Kinder in die Obhut der Jugendämter, das sind 1400 (4,5%) mehr als 2008. Zurück gerechnet auf das Jahr 2004 macht dies sogar eine Steigerung von 30% aus. Diese Negativentwicklung setzt sich bis heute tendenziell fort (es liegen leider noch keine aktuellen Daten vor). Parallel dazu erhöht sich die Zahl der Ausreißer aus den Heimen oder von den Pflegeeltern gleichermaßen. Mittlerweile sind hier jedoch rückläufige Zahlen zu erwarten. Dies mag daran liegen, dass sich die Wohn- und Lebenssituationen für Kinder und Jugendliche sowie die Infrastruktur bei der Freizeitgestaltung wesentlich verbessert haben.
Die GePetZt-Redaktion will abschließend das Leben und Wohnen in einem Kinder- und Jugendheim kurz näher beleuchten. Ausschlaggebend ist die räumliche Nähe zwischen der Janusz-Korczak-Schule und  der Außenstelle des GPZ Überlingen, im Gewerbegebiet „Zum Degenhardt 12“. Die Janusz-Korczak-Schule ist Teil des Kinder- und Jugendheimes Linzgau, mit Sitz in Überlingen–Deisendorf.
In Überlingen–Deisendorf und im angrenzenden Landkreis Konstanz leben derzeit ca. 100 Kinder und Jugendliche. Diese werden von dem eingetragenen Verein, Linzgau Kinder und Jugendheim, geleitet.
Die Häuser sind aufgeteilt in 7 Wohngruppen zu je 8 Jugendlichen. Diese befinden sich im gesamten Bodenseekreis. Im Landkreis Konstanz leben Kinder- und Jugendliche für welche eine ärztliche oder psychische Diagnose der Grund für eine Heimunterbringung ist. Die meisten Jugendlichen und Kinder kommen aus folgenden Gründen dorthin:

  • sie werden über das Jugendamt vermittelt (in Obhutnahme)
  • ungeklärte Erziehungsfälle, d.h. es kann kein gesetzlicher Erziehungsberechtigter ermittelt werden
  • In Konstanz leben überwiegend Kinder und Jugendliche, welche durch eine medizinische Diagnose in das Heim gekommen sind.

Darüber hinaus sind es folgende Gründe für einen Heimaufenthalt bzw. eine Wohngruppenbetreuung:
Eine Vielzahl der Kinder oder Jugendlichen kommen in Wohnheime oder betreute Wohngruppen, weil sie beispielsweise misshandelt wurden, in der Familie ein Alkohol- oder Drogenproblem vorhanden ist oder war. Wenn die Eltern mit der Erziehung komplett überfordert sind oder auch bei Scheidungsstreitigkeiten und im Todesfall von einem oder beiden Elternteilen, sofern keine weitere Verwandtschaft innerhalb der Familie existiert oder diese die Erziehungsaufgabe aufgrund von örtlicher Entfernung nicht übernehmen kann.

Wie sieht die Entwicklung in Überlingen aus (eine Prognose):
Eine Bürgerstudie des Bodenseekreises besagt, dass es auch in der Bodenseeregion zu einem anwachsenden Bedarf an Kinder und Jugendheimplätzen kommt. Dieser mag mit dem besonderen schulischen Förderbedarf zusammenhängen, da viele Kinder- und Jugendliche dem schulischen Alltagsstress nicht mehr gewachsen sind. Die Folge davon ist, dass die Eltern überfordert sind und ihre Erziehungsaufgaben nicht mehr wahrnehmen können.  

Quelle: www.familienhandbuch.de
Linzgau Kinderheim,
statistisches Bundesamt

AP