Schön Klinik Roseneck


altin Prien am Chiemsee

Am 18. Juli 2011 wurde ich in die Schön Klinik Roseneck aufgenommen. Wegen atypischer Bulimie mit Binge-Eating-Störung. Ich war sehr aufgeregt, was wohl auf mich zukommen wird. Bin auch gleich in das Haus B verwiesen worden und habe dort mein Zimmer bezogen. Es war ein Zweierzimmer. Ich bekam das Bett am Fenster. Meine Mitbewohnerin hieß Ines. Sie war sehr nett. Sie war auch wegen einer Essstörung da.

Am ersten Tag habe ich versucht mich zurechtzufinden. Es war schwierig am Anfang; Wo ist die Medikamentenausgabe? Wo ist der Speisesaal? etc. Aber ich fand mich schnell zurecht und habe mich auch gut eingewöhnt. Es ist auch ländlich sehr schön. In fünf Minuten war ich am Chiemsee und konnte baden. Es war auch möglich auf die Herren- und Fraueninsel mit dem Schiff zu fahren. Aber zurück zum Klinikalltag: Um 7:00 Uhr musste ich am Frühstückstisch sitzen. Um 7:05 wurde geblitzt, d.h. jeder sagt wie es ihm geht und was für ein Gefühl er gerade hat. Es gilt nicht zu sagen, dass man „müde“ oder „schlaff“ ist, denn das sind körperliche Zustände. Also man sagt z.B. „ich bin traurig“ oder „freudig“ oder „glücklich“ oder „stolz“…
Dann gibt es zum Frühstück zwei Semmeln, wie man in Bayern sagt und auf jede Seite des Brötchens ein flächendeckender Belag. Man nimmt zwei Portionen Butter und muss die auf die Semmeln verteilen. Also zum Beispiel Marmelade oder Wurst oder Käse oder Nutella, das es aber nur samstags und sonntags gibt.
Ich muss erst erklären, dass es für den Beginn den „Essprotokolltisch“ gibt, dann rutscht man weiter an den „Gemeinschaftstisch I“ (GT I), dann an den „GT II“ und dann zum Schluss kommt man an den „Familientisch“. Wenn man am Familientisch sitzt, darf man am Wochenende später zum Essen kommen und es wird am Wochenende auch nicht mehr geblitzt. Das ist sehr angenehm.

Die verschiedenen Essstörungen:

BINGE-EATING-STÖRUNG:
(BES, engl. Binge Eating Disorder, vom engl. Binge = Gelage), ist eine Essstörung, bei der es zu periodischen Heißhungeranfällen (Fressanfällen) mit Verlust der bewussten Kontrolle über das Essverhalten kommt. Im Gegensatz zur Bulimie wird das Gegessene anschließend nicht erbrochen, so dass längerfristig meist Übergewicht die Folge ist.

MAGERSUCHT:
Die meisten Erkrankten leiden an einer Körperschemastörung: Sie nehmen sich trotz Untergewichts als zu dick wahr. Ihr Selbstwertgefühl hängt nicht nur von allgemeinen Leistungen in Beruf, Hobby oder Privatleben, sondern besonders stark auch von der Fähigkeit ab, das Körpergewicht kontrollieren zu können. Die Gedanken der Kranken sind eingeengt und kreisen stets um die Themen Ernährung, Gewicht und Körperschema.

BULIMIE:
Bulimie-Betroffene sind meist normalgewichtig, können aber auch unter- oder übergewichtig sein. Das typische Merkmal sind Heißhungerattacken nach denen sogenannte gegenregulatorische Maßnahmen ergriffen werden, um eine Gewichtszunahme zu vermeiden: Hierzu zählen selbstinduziertes Erbrechen, Hungern, extreme Diäten, exzessiver Sport, der Missbrauch von Laxanzien (Abführ- und Brechmitteln).

altAber zurück zum Essprotokolltisch. Wenn man nicht pünktlich am Tisch sitzt oder verschlafen hat, bekommt man einen Anruf aufs Zimmer und die anderen dürfen nicht anfangen mit dem Essen. Ich war manchmal später dran; aber bin eigentlich immer da gewesen. Nur ein einziges Mal haben sie mich anrufen müssen; aber da war ich auch schon unterwegs zum Speisesaal.
Dann gibt es die Therapien: Gruppentherapie/Gesprächsgruppe, Soziale-Kompetenz-Gruppe, Essstörungsbewältigungstherapie, Lehrküche, Schwimmen, Hockergymnastik, Nordic Walking… Und mit einer Mitpatientin bin ich 2mal abends in der Woche zum Badminton spielen gegangen. Das war echt gut und hat richtig Spaß gemacht.
Zum Mittagessen bekommt man am Essprotokolltisch und an den GTI und GTII Tischen einen Teller voll mit Essen, das man dann in einer halben Stunde isst. Am Familientisch bekommt man eine Platte mit Essen und muss das dann unter 7 Personen aufteilen. Das soll eine Übung sein, dass man lernt wie viel man sich selbst auf den Teller tut, dass man ein Gefühl für die Menge bekommt! Und das hat eigentlich auch immer gut geklappt. Nur einmal hatten wir noch was auf der Platte übrig und dann hat eine Therapeutin, die am Essprotokolltisch saß, uns darauf hingewiesen, dass die Platte leer sein muss! Dann mussten wir den Rest noch einmal untereinander aufteilen. Ich hatte immer total Hunger als ich zum Essen kam. Außer Morgens; auf das Frühstück hätte ich echt verzichten können! Ich war es einfach nicht gewohnt zu frühstücken. Es war immer eine Qual diese zwei Brötchen runter zu bekommen! Und mir war öfters ziemlich schlecht nach dem Frühstück. Und beim Abendessen nimmt man sich 3 Scheiben Brot, 2 Butter und für jede Brotscheibe ein flächendeckender Belag. Wenn man es mit dem Therapeuten abgesprochen hat, darf man dann auch eine Beilage zu sich nehmen. Das sind zum Beispiel Gurken oder Tomaten oder es gibt kohlenhydratreiche Beilagen wie Kartoffel- oder Nudelsalat. Manchmal gibt es auch Lachsschnitzel oder Würstchen als Beilage. Aber die Beilage darf man erst essen, wenn es mit dem Therapeuten abgesprochen ist. Die Zeit in Prien hat mir wirklich sehr viel gebracht, weil ich gelernt habe, dass man AUSGEWOGEN essen soll. Es darf keine verbotenen Lebensmittel geben. In Maßen essen, nicht in Massen und das Essen genießen! Das Essen soll nicht das Leben bestimmen, sondern das Leben bestimmt das Essen; das ist das Ziel, das es zu erreichen gilt.

Anonym