Autofahrerin zur Fußgängerin


altVon der überzeugten  Autofahrerin zur Fußgängerin

Als eingefleischte Autofahrerin musste ich vor einem Jahr von einem Tag auf den anderen auf mein Auto verzichten, na ja nicht so ganz krass. Ich hatte ja die TÜV-Untersuchung schon 3 Monate überzogen.

Hab aber ausgeblendet, dass mein Auto, das ich seit 18 Jahren besessen hatte, wohl doch nicht so einfach durch die TÜV-Untersuchung kommen könnte. Da die Reparaturen so ca. 1000 Euro kosten sollten, musste ich das Auto verkaufen. Die Firmen, die in den kostenlosen Anzeigenblättchen inserierten, winkten ab, als sie hörten um was für ein Auto es sich handelte. Ich bekam dann den Tipp, es unter Mobile.de zu versuchen.
Die Chance auf ein Luxusauto hab ich verstreichen lassen, obwohl mich noch am selben Tag ein Undercover-Agent aus Afghanistan angemailt hat, der mir 30.000 Euro bot, wenn er über mein Konto einen Millionenbetrag abwickeln dürfte. Der 4. Bewerber hat dann das Auto für 100 Euro genommen. Froh war ich, dass es auch weiter ein Frauen-Auto bleiben sollte.
Gleichzeitig mit dem Autoverkauf bekam ich ein Fahrrad geschenkt. Ich dachte: „ wow, was soll ich denn hier mit einem Fahrrad, es geht doch hier überall bergab oder bergauf. Ein Weg ist immer der auf den Berg.“ Ich hab dann beschlossen, dann eben mehr mit dem Bus zu fahren.
Schwer war es, dass ich mich an bestimmte Zeiten halten musste. Der Bus in die Stadt fuhr nur alle halbe Stunde, zur Arbeit sogar nur jede Stunde, warten musste ich am Bahnhof auf jeden Fall eine viertel Stunde. Ihr könnt jetzt sagen, warum ich dann nicht zu Fuß zum Bahnhof gegangen bin? Ehrlich gesagt, dieser Gedanke ist mir nicht gekommen.
Dann war da noch das Einkaufen und die Ergotherapie. Hinzu ging es bergab, aber nach der Ergotherapie hieß es wieder „rauf auf den Berg“ und mit den leckeren eingekauften Sachen musste ich auch wieder hoch. Und wieder hatte ich Glück, es gab Fahrradtaschen bei Aldi. So konnte ich die Einkäufe gut verstauen. Das vollbepackte Fahrrad hab ich dann natürlich geschoben. Nun wohne ich nicht mehr so direkt auf dem Berg und näher an der Stadtmitte. Also könnte ich vieles zu Fuß oder per Fahrrad erreichen, wenn da nicht der innere Schweinehund wäre, der sagt, du hast doch jetzt eine Abo-Busfahrkarte, warum sollst du dann laufen oder fahrradfahren. Ich habe mir fest vorgenommen, wenn das Wetter wieder schöner ist, dann will ich mehr zu Fuß machen oder auch mein Fahrrad benutzen, weiß aber auch, dass da die bequeme Seite dagegen wettern wird. Dann hab ich mir zu den Gepäckträger-Taschen noch einen Lenker-Korb gekauft. Auch zum Einkaufen zu Fuß bin ich eigentlich gut gerüstet. Ich habe Rucksäcke in verschiedenen Größen, sogar einen Senioren-Porsche (auch Kartoffel-Mercedes genannt) hab ich mir angeschafft und sogar schon ein paar Mal benutzt. Erst war es mir peinlich, mit diesem Ding durch die Gegend zu laufen, bis ich gemerkt habe, dass auch jüngere Menschen so ihre Einkäufe erledigen. Ab und zu vermisse ich mein Auto schon, denn hat für mich auch ein bisschen „Freiheit“ bedeutet, aber ich bin auch froh, dass ich so fast jeden Tag zusätzlich in Bewegung bin.


Vera T.

Bildquelle: Carsten Jünger, pixelio.de