Praktikum im „Sprungbrett“ Bermatingen
Vom 14. Juni bis 23. Juli habe ich ein Praktikum im Sprungbrett in Bermatingen gemacht. Da ich sehr gerne künstlerisch arbeite, war ich froh, dass ich die Töpferwerkstatt und die Weberei kennen lernen konnte.
Am ersten Tag in der Töpferei war alles sehr aufregend. Eine neue Umgebung, fremde Menschen – das empfinde ich als anstrengend. Leider ist die Werkstatt ziemlich klein, so dass jeder nur wenig Platz hat, um zu arbeiten.
Ich habe Beetumrandungen gemacht. Der Ton wird dazu in eine Gipsform gepresst. Nach einer kurzen Antrocknungszeit wird das Modell aus der Form gelöst, wieder getrocknet und später gebrannt. Dann habe ich gelernt, wie man aus einer Tonkugel ein Tier modelliert. Ich habe mich an einem Häschen versucht. Nach dem dritten Versuch stimmten die Proportionen so einigermaßen.
Nach dem Brennen werden die getöpferten Sachen in der Regel glasiert und wenn man möchte noch bemalt. Die bunte Glasur wird dann mit einem Pinsel aufgetragen. Ich habe einen Teller bemalt mit einem vorgegebenen Muster und dann noch einen Becher mit Kringeln.
Wenn ich schon mal Gelegenheit hatte in einer Töpferei zu arbeiten, wollte ich natürlich auch die Töpferscheibe ausprobieren. Das war echt ein Erlebnis, denn es kann leicht passieren, dass einem der Klumpen Ton um die Ohren fliegt. Auf jeden Fall braucht man jahrelange Übung um Tassen, Teller oder Schüsseln zu drehen. Entweder wird man ein Fan der Töpferscheibe oder man macht künftig einen weiten Bogen um sie herum. Der 1. Versuch ging völlig schief, was sehr frustrierend war. Beim 2. Versuch habe ich immerhin ein kleines Schüsselchen zustande gebracht.
Nun ging es wieder ans Modellieren. Es sollten Fische als Deko für den Garten entstehen, die man auf einen Stab steckt. Interessant fand ich die Technik. Und zwar wurde eine Tonplatte mit ca. 1cm Stärke hergestellt. Die Platte wurde aufgerollt, aus dem einen Ende hat man den Fischkopf geformt und am anderen Ende wurde für die Schwanzflosse ein zugeschnittenes Stück Ton eingefügt. Die Rücken- und die Seitenflossen kamen später hinzu. Nach dem Brennen wurden die Fische glasiert und bemalt. Jeder Fisch sieht am Ende ein bisschen anders aus und das macht ihn zu einem Einzelstück.
Dann durfte ich noch Kräuterstecker machen. Dazu braucht man eine Tonplatte in ca. 0,5 cm Stärke. Für die Form gibt es mehrere Vorlagen, die man auf die Tonplatte auflegt und überträgt. Nach dem „Ausschneiden“ der Form müssen die Kanten ganz glatt gestrichen werden, da sie sonst nach dem Brennen messerscharf sind und man sich leicht daran verletzen könnte. Ich habe die Kräuterstecker verziert und teilweise beschriftet.
Die Zeit in der Töpferei verging wie im Flug. Ich konnte es gar nicht fassen, dass die 4 Wochen schon vorbei sein sollten.
Am Ende habe ich noch eine riesengroße Salatschüssel mit einem Libellenmuster bemalt, die eine Kundin bestellt hatte. Das hat mich total gefreut. Natürlich war ich total aufgeregt, denn ich hatte Angst, dass ich das Motiv verhunze. Zum Glück ist alles gut gegangen. Die Kundin war zufrieden und hat dann gleich noch vier kleine Salatschüsseln bestellt, die ich später auch noch bemalt habe.
Jetzt ging es noch für zwei Wochen in die Weberei. Dort stehen jede Menge Webstühle – große, kleine, mittlere… Das Weben stand aber erst zum Schluss auf dem Programm.
Zuerst ging es ans Nassfilzen. Ich lernte Äpfel aus Wolle herzustellen. Auf jeden Fall darf man nicht wasserscheu sein, weil das eine ziemlich glitschige Angelegenheit ist. Die Finger verbrennt man sich auch noch, da das Wasser möglichst heiß für den Filzprozess sein soll. Außerdem braucht man noch flüssiges Spezialwaschmittel. Jetzt beginnt die „Panscherei“.
Das Wollflies wird immer wieder mit Wollwaschmittel und heißem Wasser übergossen und dann geknetet oder gerollt. Sobald der Filzungsprozess einsetzt, wird aus der weichen leichten Wolle ein immer festeres Knäuel. Man versucht gleichzeitig das Ganze in die gewünschte Form zu bringen. Bis aus so einem Wollknäuel ein Apfel entsteht, braucht man viel Geduld und Geschick. Mich hat es fasziniert, dass die verschieden farbigen Wollfasern miteinander verschmolzen sind. Es entstanden dadurch neue Farbmischungen wie bei einem Gemälde. Der Wollapfel wird zum Schluss gut ausgespült und in der Waschmaschine geschleudert. Nachdem er an der Luft getrocknet ist, bekommt er einen Stiel aus geknüpfter Wolle. Manche Äpfel (von Profihand gemacht) sehen wirklich so echt aus, dass man gleich reinbeißen möchte.
Das Nadelfilzen ist eine völlig andere Technik. Das Vlies wird mit einer Nadel bearbeitet. Die Nadel hat mehrere Widerhaken, die die Wollfäden beim Einstechen miteinander verfilzen. Ich finde diese Technik viel einfacher, da es leichter ist die gewünschte Form zu erhalten. Allerdings muss man sehr konzentriert arbeiten, denn diese Piekser sind sehr unangenehm. Und es geht so manche Nadel zu Bruch. Als Unterlage wird ein ca. 5 cm dicker Schaumstoff verwendet. Als Motiv habe ich mir einen Frosch ausgesucht. Nachdem er fertig gestellt war, sollte ich einen Marienkäfer filzen, der auf einem Blatt sitzt. Es braucht immer Geduld bis das Ergebnis einigermaßen zufrieden stellend ist. Am Ende wurden noch die Beinchen und die Fühler angenäht, das Blatt aus einem Filzstück zugeschnitten und die Blattadern aufgenäht.
Jetzt wartete nur noch der Webstuhl – den es zu erobern galt. In zwei Tagen wird man natürlich nicht zum Webprofi. Ich durfte mich an einem Webstuhl ausprobieren, an dem ein kleinerer Teppich gewebt werden sollte. Es waren schon alle Fäden gespannt. Bevor der eigentliche Teppich gewebt wird, muss man „Vorweben“. Das bedeutet, dass ca. 20 cm mit Restfäden gewebt werden, bis alle Fäden parallel laufen. Dann erst beginnt man mit dem eigentlichen Teppich. Diese Vorarbeit dient auch dazu, einen gleichmäßigen Rand zu weben, an dem man sich dann später orientieren kann. Wenn der Teppich fertig ist, wird das Vorgewebte aufgetrennt und schon hat man Fransen.
Ich hätte nie gedacht, wie komplex das Weben ist. Es gibt nämlich Pedale, wie bei einer Orgel, die man abwechselnd treten muss. So öffnet sich jeweils ein so genannter Schaft, durch den man das Schiffchen schiebt. Der Faden muss dann erst noch in gleichmäßige Wellenlinien gelegt werden, damit der Teppich sich nicht zusammenzieht. Es ist eine gute Augen- und Handkoordination gefragt und es braucht Kraft in den Beinen um die Pedale gedrückt zu lassen. Wer webt kann sich das Fitnessstudio sparen – ohne Witz. Es war eine überraschende Erfahrung. Allerdings könnte ich mir nicht vorstellen, eine Decke oder einen Seidenschal zu weben. Eine Decke ist ca. 150×210 m groß – also braucht man Geduld, Geduld und nochmals Geduld und bei einem Schal sind die Fäden ziemlich dünn und es sind je nach Muster 8 oder mehr Pedale zu betätigen. Nein, das wäre nichts für mich.
Das Praktikum hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht. Mir tut es einfach gut, kunsthandwerklich zu arbeiten und mein größter Wunsch wäre es, auf dem 1. Arbeitsmarkt so eine Arbeit zu finden und davon meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.
bc