Endstation Klapse oder lieber obdachlos?


seite8-9 parkbankNicht überall fasst man Euch mit Samthandschuhen an!

Bene S. macht Trainer C in Bayern.
Oder: „Hättest du mal besser nicht geraucht vor dem Packen!!!“

Endlich. Es ist soweit! Ich fahre morgen nach Regensburg, Trainer C Schein – Wettkampfklettern. Wie die meisten wissen, habe ich eine Drogen-Vergangenheit. Aber ich schaffte es, bis zu diesem Termin keinen Alkohol zu trinken und keine Zigaretten mehr zu rauchen. Ich ernährte mich einigermaßen gesund.Ich fühlte mich gut. Außer, dass ich ab und an einen JOLI rauchte, war alles gut. Samstag vor der Abreise: Soll ich Einen rauchen? Ja, ich mache es! Scheiße, ich muss packen. Langsam packte ich. Habe ich alles? Wechselklamotten? Klettersachen? Was zu schreiben? Erste Hilfe Nachweis? Da im Ordner? Nehme ich noch Notfall-Medikamente und Behinderten-Ausweis mit? Ja!

Es ist jetzt Sonnenaufgang. Super, nicht geschlafen! Ich lege mich noch etwas hin. Super, nicht müde. Weiß auch nicht, was ich machen soll. Wenn ich jetzt Medis nehme, verschlafe ich! Höre noch etwas Musik. Und los geht’s. Habe ich alles? Kontrolle! Ja!

Es war eine schöne Zugfahrt. Lernte Leute kennen. Ich bezahlte für die Woche 20 € Halleneintritt. Ich sagte, dass ich einen Behindertenausweis habe und nicht mehr bezahlen könne. Langsam kamen die anderen Kurs-teilnehmer und die Trainer!

Vorstellungsrunde! Ich überlegte, ob ich meine Erkrankung erwähnen sollte! Ja. Ich mache es. Habe es ja auch beim Eintrittzahlen verwendet, dass ich einen Behindertenausweis habe. Wir fuhren ins Hotel. Schei…, ich kann nicht schlafen. Versuche es, kann es aber nicht. Medis!? Schei… doch vergessen!

Nach einer kurzen Nacht: Leistungsprüfung. „Bei dir ist es so knapp, du hast bestanden!“ Ich freute mich. Zur Belohnung Kaffee! Am Mittwoch kannst du zur 2. Prüfung. Wir gingen  essen. Ich schlief von Montag bis  Mittwoch kaum. Von Mittwoch auf Donnerstag gar nicht. Die Sonne ging auf. Ich trottete in den Essenssaal.

Erst mal einen Kaffee. Und noch einen und noch einen. Gedanken-Karussell. Endlich, die Trainer kommen. Ich habe gelabert, alles was mir im Kopf rumging. „Hast du geschlafen? Nein! Wie geht es dir? Gut!“ Ich fing vor Freude an, zu weinen. Plötzlich eine Panik-Attacke. Ich sagte alles, was mir in den Sinn kam. Meine Hände krispelten. Ich musste speziell atmen, um nicht umzukippen. Ich legte mich hin, langsam kam ich runter. Der Trainer: „Meine Frau ist Psychologin. Ich habe so etwas aus Erzählungen gehört. Du bleibst heute hier und versuchst, zu schlafen! Nein!“ Es ging wieder los. „Habt ihr im Kader einen Arzt, der Medikamente verschreiben darf? Ich rufe meine Frau an und frage um Rat!“ Er kam wieder. „Also. Meine Frau meint, Klinik oder zu einem Psychologen.“ Aber die Klinik sei gut. Er wollte aber keines von beiden. Dann habe ich  mich beruhigt. „Ja ok, ich schau in die Klinik. Da kann ich mir dann noch Medis für heute Abend holen. Bist du dir sicher? Ja!“ Ein anderer Trainer fährt mich. Wir unterhalten uns.

Wir sind da. An die Info. „Zur Aufnahme bitte!“ Ich muss aufs Klo. Ich begab mich auf die Suche. Die Klinik ist gross, verwinkelt. Ich habe lange gesucht und mich auf dem Rückweg verlaufen. Da hatte ich noch Zeit, abzuhauen.

Besser wäre das gewesen. Ich komme zurück. Der Trainer redet gerade mit der Sprechstunden-Hilfe. Ich komme dazu. „Wann kommen wir dran? Gleich, ich weiß nicht, wie ich das erklären soll, was du hast!“ Ich sage in kurzen Worten: „Bin schon in Behandlung wegen einer Psychose, habe meine Notfall Medikamente vergessen. Hatte heute morgen eine Panikattacke. Ich brauche nur meine Notfallmedis! Ja, nehmen sie im Wartesaal Platz.“ Gesagt getan. Es ist ca. 9 Uhr morgens, die Ärztin kommt: „Herr S. kommen sie!“ Mein Trainer wollte bleiben und begleitete mich.

Behandlungsraum. Ich erzähle den zwei Ärztinnen nochmal, dass ich schon in Behandlung bin am Bodensee. „Ich brauche meine Notfall Medis! Erzählen sie uns doch erst mal, wie es Ihnen geht. Nee, das mache ich nicht, ich will nur mein Truxal und dann gehe ich wieder. Nein, wir unterhalten uns erst. Nee, wenn sie mir nicht glauben, rufen sie doch meine Ärztin an! Was haben sie denn heute gemacht? Ich will nur meine Notfall Medis. Dummerweise habe ich sie vergessen!“

Ich werde nervös. „Darf ich bitte telefonieren? Ja!“ Ich wähle 11880, das klappt nicht. Die Ärztin sagte die 11880 kenne sie nicht und gab mir dann eine wohl inexistente Nr., die ich wählte. Eine Frauen-Stimme am anderen Ende der Leitung sagte „äähh, wir haben gerade eine technische Störung!“ Dahinter hörte ich Gelächter. Ich legte auf, wiederholte das: „Technische Störung.“ Der Trainer schaute kurz verdattert. Die Chance, meine Betreuerin oder Ärztin am Bodensee anzurufen, war damit vertan. Ich sagte: „Lass uns gehen.“ Er zögerte. Der Oberarzt kam rein. „Ich gehe, denn wer freiwillig kommt, darf einfach gehen.“

Auf dem Weg zur Tür steht der Oberarzt. Ich gehe an ihm vorbei. Der Oberarzt sagt: „Sie haben mich angegriffen!“ „Wie kommen Sie darauf?“ Dann öffne ich die Türe, da stehen Eishockey Spieler?! Sehe ich schlecht?! Ich mache die Türe wieder zu. Drehe mich um und sage. „Ist das ein Witz?“ „Nein, sie bleiben erst mal hier! Nein!“ Ich öffne die Tür wieder und renne weg. Die Klinik ist so verwinkelt, dass ich im Kreis renne. Bleibe stehen, von beiden Seiten nähern sich die Spieler. Ich schreie: „Keine Zwangsbehandlung! Ja kommen sie mit. Nehmen sie erst mal eine Tavor. Nein, ich nehme euer Heroin nicht! Ich will gehen! Kommen sie erst mal mit in den Behandlungsraum.“ Ich mache das. Setze mich auf einen Stuhl in der Ecke. Kauere mich zusammen.

Mein Trainer sagt nichts. Er sitzt auf einem Stuhl. Ich frage ihn: „Du hilfst mir?!“ Er nickt. „Lass uns gehen.“ Er schaut ängstlich. Ich nehme seine Hand. Er bewegt sich keinen Meter. Ich setze mich auf den Stuhl in der Ecke, kauer mich zusammen. Fötus Haltung. „Das ist ja wie im Dritten Reich bei Euch!“ Jetzt reicht es mir. Zugriff! Die Eishockey Spieler kommen rein, ich stelle mich auf den Stuhl, steige auf den Aktenschrank. Das Fenster. Ich fliehe durch das Fenster. Auf den Schreibtisch vorm Fenster steh ich. Aus den Augenwinkeln sehe ich eine Hand. Schnell den Fuß wegziehen. Ich habe keine Chance, also drehe ich mich zur Menge. Wie Superman springe ich in die Menge. Einer bleibt an meiner Faust hängen, dann lag er unter mir! Der Rest auf mir.

Ich brülle: „Keine Zwangsmedikation!“ Ich spüre wie jemand meinen Hintern abtastet. Mein Trainer mischte sich mit ein, dann bekam ich doch keine Spritze ab. Auf´s Fixierbett, dann wurde ich durchsucht. Meinen Geldbeutel und Gürtel nahmen sie mir weg. Sie feierten sich noch und lachten. Die Ärztin sagte: „Das war hart.“ Alle: „Ja, das war es.“ Eine Decke rüber und los ging die wilde Fahrt. In die Iso. Ein Pfleger blieb da. Ich fragte: „Was habe ich getan?“ Er antwortete mit kindlich hoher Stimme: „Sie haben mit Sachen um sich geschmissen! Aah, hab ich das? Ja, haben sie! seite8-9 BettenzimmerIch muss pinkeln! Was, da müssen sie etwas warten.“

Ich bekam für drei Nächte und Tage verschiedene Zimmeraufpasser! Lag in einem Mehrbett-Isolierzimmer hinter Glas, kam mir vor wie ein Schimpanse im Zoo, weil ich den Angestellten auch so vorgeführt wurde, schamlos wie eine Trophäe. Ich wurde verlegt nach zwei Wochen. Ich kam nach Friedrichshafen. Endlich zu Hause im weichen Zimmer! Da habe ich leider wieder das Rauchen angefangen.

Bene S.

Wege aus der Krise!

Man darf die Hoffnung nie aufgeben! Die Zeitung Ringbote von der Zieglerschen Suchthilfe könnt ihr als pdf runterladen (http://www.zieglersche.de/files/ringbote_04-2013.pdf).
Auf S.8 u. 9 unten findet ihr unter „Blick von Aussen“ wunderbare Worte von Eugen Rockenstein Suchtberatung Sigmaringen, so im Dez. 2013 erschienen: Titel … dass noch etwas kommen kann …. Die Erwartung nicht aufgeben, die Hoffnung nicht sterben lassen. Veränderungen können wir nicht erzwingen. Frau Dr. Ursula Fennen, die Geschäftsführerin der Zieglerischen stellt sich im Vorwort schon die Frage, wie weit Genuss denn moralisch verantwortbar ist und ob ein abstinenter Suchtkranker je wieder etwas genießen kann?

Ich denke darüber nach: „Wann wird Genuss zur Sucht?“
Ist es denn intelligent, etwas auszutesten, wovon eigentlich Jedermann weiß, dass es schadet, ja sogar immensen Schaden anrichtet? Es geht auch anders! Den Hebel müsst Ihr selbst umschalten.

Einen heilsamen Weg in die Trockenheit und Heilung beschreibt der Brief meiner Cousine, Claudia Jalila aus Stuttgart.

„Hallo, liebe Daniela,

Warnungen an die Jugend kann ich nicht aussprechen. Das hilft auch nichts, sie brauchen Menschen, die für sie da sind. Sie brauchen Aufgaben, die ihrem Leben einen Sinn geben.

Ich kann nur beschreiben, wie ich dazu kam, mit Alkohol und Kiffen/Rauchen aufzuhören. Ich habe ca. zehn Jahre lang im Alter von 29-39, jeden Abend Bier getrunken und oft auch Hasch geraucht, um mich nach dem anstrengenden 8-Stunden-Arbeitstag und als alleinerziehende Mutter zweier Kinder zu entspannen. Jeden Morgen im üblen Katerzustand schwor ich mir: Heute Abend trinke ich nichts. Aber ich schaffte es nicht.Und dann am 11. Februar 1990, als ich mit meinem damaligen Freund die halbe Nacht unter Alkoholeinfluss gestritten hatte und er mich verließ, sagte ich in größter Verzweiflung: Jetzt reicht‘s! Ich höre auf!

Und ich spürte, dass da etwas Höheres in mir die Führung übernommen hatte. Ich ging von da an regelmäßig zu den Treffen der Anonymen Alkoholiker und konnte dank des spirituellen Selbsthilfeprogramms, den 12-Schritten, trocken bleiben. Ich fand zu einem anderen Verständnis von Gott, an den ich nicht mehr geglaubt hatte, zu der Höheren Macht. Ich begab mich zusätzlich in eine spirituelle Psychotherapie, in die Selbsterfahrungsgruppe dort, zusätzlich in die Atemgruppe, insgesamt 7 Jahre lang. Dort erkannte und bearbeitete ich meine Beziehungsprobleme und ließ mich 1996 von meinem Psychotherapeuten in die 12-Schritte-Klinik in Wolfsried einweisen, wo ich zehn Wochen in dieser wundervollen Gemeinschaft verbringen durfte und einen großen Sprung in meiner Genesung erfuhr. Daraufhin besuchte ich dann 3-4 mal die Woche Beziehungssuchtgruppen (SLAA, CoDa), insgesamt auch 7 Jahre lang. Dann fand ich 2001 zu den Tänzen des Universellen Friedens und entdeckte die Heilkraft des Singens.

Alkohol und Drogen sind für mich die fehlgeleitete Suche nach dem, wonach wir uns alle sehnen: Liebe, Glück, Frieden. Dieses Glück finden wir aber nur im Geben. Jeder von uns hat der Welt, den Menschen etwas zu geben, eine besondere Gabe, wir müssen den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, herauszufinden, wo diese bei ihnen liegt, in welchem Tun sie Freude finden können.  Deine Claudia Jalila“   seite8-9 Signatur-Sufiherz

Daniela S.