Stadttheater Konstanz


altUnvergessliche Momente, berauschende Erlebnisse, beeindruckende Schauspieler, Szenarien, Bühnengestaltung. Sehr aktuell, up to date, zeitnah, angepasst getextet, einfach genial und GEIL. Was uns erwartete als wir OTHELLO besuchten, wussten wir nicht. Jedoch waren wir schon in den ersten Minuten gebannt in der mittleren Reihe gesessen und in eine Szenerie versetzt, mein Gott, ich dachte, jetzt landen die Hubschrauber von Apocalypse Now und Marlon Brando springt ins Becken. Im Hintergrund fehlte nur noch „This is the end“ von The Doors. Nein, als GI‘s verkleidete Schauspieler  mit Helmen, Stirnlampen – denn es war stockfinster im Raum – und Maschinengewehren auf deren Rücken stürmten über den Zaun des wasserbefüllten Schwimmbeckens, welches einen Nachmittag lang uns eigentlich ins Jahr 1604 versetzen sollte. Wir fühlten uns zwar mittendrin, aber nicht 400 Jahre zurückversetzt. Modern ist wirklich kein Ausdruck, denn die Moderne begann ja schon etwa vor mehr als 100 Jahren. Das war einfach sowas von abgefahren. Auf den Punkt, genial und bombastisch und immer noch aktuell dieses Thema.

Der Mensch hat sich nicht verändert. Nein, dieser intrigante Fähnrich gespielt von Thomas Fritz Jung scheint Paranoia salonfähig zu machen. Nur schade, dass er am Ende stirbt. Stanley Mambo aus Malawi spielt den Othello. Er spielt auf Englisch und lebt afrikanisierte Wut in seiner Heimatsprache. Ein zur Eifersucht gedrängter Ehemann, der seine Frau ermordet – grundlos – verwirrt – die schöne Desdemona, die ihn doch über alles liebt und treu ist. Selbstmord ist in diesem Fall die einzige Lösung.
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altBühnenwechsel: Theatergraben Droste Hülshoff Gymnasium Meersburg, Amnesty International veranstaltet mit dem Stadttheater Konstanz  „Ein Schritt voraus“. Der togolesische Schauspieler und Regisseur Ramses Alfa spielt Nestor, einen hochqualifizierten Bauingenieur. Er veruntreut Geld, das für den Brückenbau in seiner Heimatstadt gedacht war und macht sich gemeinsam mit seinem Freund Jonas auf den Weg nach Europa. Die beiden Boots-Flüchtlinge werden von Grenzsoldaten aufgegriffen und in der afrikanischen Wüste abgesetzt. Hier beginnt für sie eine Odyssee zwischen Entschlossenheit und Verzagen,  Sehnsucht nach der Heimat und Hoffnung auf ein besseres Leben. Wo soll es denn besser sein als zu Hause? Heftige Unwetter, „Gut Gebrüllt Löwe – Streitereien“ und am Ende sitzen die beiden Schwarzafrikaner in der Styropor-Bühnen-Deko trommeln und lächeln, als ob sie beide nie ein Wässerlein getrübt hätten. Das ist Vergeben und Vergessen.

altCUT: Freilichtbühne vor dem Münster: Premiere „Der Glöckner von Notre Dame“. Quasimodo erscheint in Neuem Licht. Das Seitentor des Münsters ist in bengalischem Rot beleuchtet. Der Intrigant aus Othello, spielt den Claude Frolle, Erzdekan von Paris und wieder stirbt einer und wieder wird das Vergehen einer Unschuldigen angelastet. Quasimodo turnt übers Seitenportal wie ein Affe, Anthony Quinn wäre vor Neid erblasst. Das Publikum ist beeindruckt von dieser Bühnenpräsenz, das Grau des Originals Notre Dame de Paris wird erhellt durch leuchtende Farben, juristische Imprudenz, die das Urteil fällt in Rot hochthronend über dem Pöbel. Das Geständnis der Esmeralda wird schmerzvoll erzwungen. Die Kraft der Liebe kann vernichten. Die Wahrheit wird am Ende offenbart. Das Drama zeigt Esmeralda von der griechischen Schicksalsgöttin Ananke zu ihrer Mutter geführt. Diese erkennt die Tochter an ihrem Kinderschuh, leider erst nachdem sie ihr selbst den Tod gewünscht, sie verflucht, bespuckt und am Galgen hängen sah. La fatalité, Schicksal, Verhängnis.    

Daniela S.