Das CDI (Center for Disability and Integration – Zentrum für Behinderung und Integration) begann seine Tätigkeit an der Universität St.Gallen bereits 2009, es ist ein interdisziplinäres Forschungszentrum, an welchem Forscher aus den Gebieten der Betriebs- und Volkswirtschaft, der Organisationspsychologie sowie der Angewandten Behindertenforschung zusammen die berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen nachhaltig vorantreiben.
Am 24. März 2011 fand in der Aula der Uni St. Gallen das Symposium «Zeigen Sie, dass es geht! Arbeitswelten von Menschen mit Behinderung» statt. Hierbei wurde erstmals der ComToAct Award verliehen, dieser ist dotiert mit 15.000 CHF. Mit ihm zeichnete das CDI-HSG Organisationen aus, die sich für die berufliche Integration von Menschen mit Behinderung engagieren.
Um zu veranschaulichen, wie notwendig das Mitwirken der Wirtschaftsunternehmen ist, noch folgender Beitrag: Quotenregelung für Menschen mit Behinderung: Geht das? Prof. Dr. Josef Zweimüller von der Universität
Zürich machte sich Gedanken, ob finanzielle Geschenke Firmen dazu bewegen konnten, behinderte Menschen zu beschäftigen. Basis war die englische Fassung “Do Financial Incentives affect firms´ demand for disabled workers?” von Rafael Lalive- University of Lausanne, Jean-Philippe Wuellrich– University of Zurich, Josef Zweimüller University of Zurich erschienen im Journal of European Economics Association 11/2010. Intention der Studie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) war, zu überlegen, wie man das Problem umgehen könne, dass Firmen durch die vorhandene Ausgleichsabgabe sich einfach „freikaufen“ können. Die OECD ist eine Internationale Organisation mit 34 Mitgliedstaaten, die sich der Demokratie und Marktwirtschaft verpflichtet fühlen.
„Gezeigt, dass es geht! Erfolgreiche Praxisbeispiele aus Unternehmen“, Prof. Dr. Stephan Böhm, Direktor des CDI-HSG. Weltweit sind behinderte Menschen die größte Minderheit mit einem Anteil in 2011 von 650 Mio Menschen lt. WHO (World Health Organisation – WeltGesundheitsOrg), was 10 % der Gesamtbevölkerung entspricht, es gab in 2006 lt. UN in der EU bereits 16 % behinderte Menschen. Und was auffällt, die psychischen Diagnosen sind der häufigste Invaliditätsgrund. In der BRD lag 2009 der Anteil der Ausgleichsabgabe bei 520 Mio €. Und gem. Bundesagentur für Arbeit 2010 waren 14,4 % der Arbeitslosenquote Menschen mit Behinderungen.
Die übliche Rekrutierung mit dem Motto „Wer nicht paßt, wird passend gemacht“ zieht einen „War of Talents“ (Krieg der Talente) mit sich, der im Zeitalter von „Diversity and Inclusion“ (Vielfalt und Einbeziehung) durch einen flächendenkenden Wandel verdrängt wird. Es gibt schon geänderte Bezeichnungen: Körperbehinderte bezeichnen sich mittlerweile auch als körperlich herausgefordert.
Unter den mehr als 40 Bewerbungen fanden sich 9 Finalisten, die von der Jury besucht wurden. Eine Firma blieb mir in Erinnerung: Elemo GmbH PS @ work. Sie haben ein barcode Lesegerät in Form eines sprechenden Handys erfunden, ein marktfähiges Produkt durch Arbeitsplatzanpassung sehbehinderter Mitarbeiter. Hier hat die Firma folgende Punkte beachtet und in die Planung miteinbezogen in Rücksichtnahme auf die behinderten Mitarbeiter: Schaffung flexibler Arbeitszeiten – Abschaffung ungünstiger Schichtmodelle – Teilzeitarbeit und Jobsharing–Jahresarbeitszeit -Behindertengerechter Gleitzeitrahmen (Beispiel: bei 1000 MA geht man von 90 Behinderten MA aus, die Arbeitszeit soll so von 6.45 bis 19.00 Uhr stattfinden können) – Behinderungsbedingte Arztbesuche dürfen während der Arbeitszeit stattfinden.
Vorstellung der ComToAct– Auszeichnung und Jury durch Joachim Schoss, Jury Präsident, Stifter MyHandicap und Unternehmer–Preisübergabe.
Die Jury beschloss aufgrund der Vielzahl sehr guter, vorbildlicher Beiträge zum Wohle der Gesellschaft, von den 9 Finalisten die 3 folgenden Organisationen zu prämieren, der Preis von 15.000 CHF wurde einfach durch drei geteilt und zudem erhielt jeder Gewinner eine Karrikatur von PhilippHubbe, die ich Euch nicht vorenthalten kann.
Sonderpreis: Institut für Sozialdienste (IFS) Vorarlberg
SPAGAT ist ein Modell des Instituts für Sozialdienste (IFS) Vorarlberg zur beruflichen Integration von Jugendlichen mit erheblichen Behinderungen. Ziel ist, die Jugendlichen unter Anwendung des Prinzips der unterstützten Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt ihrer Region zu integrieren. Durch die Zusammenarbeit von Lehrern, Eltern, Familie, Freunden, etc. entsteht ein tragendes soziales Netzwerk, welches die Jugendlichen bei ihrer Zukunftsplanung und beruflichen Integration unterstützt.
Preis Grossunternehmen: AUDI AG, Deutschland
Ausschlaggebend für die Juryentscheidung war eine mit der Montage des A4 gemeinsam entwickelte transparente und zugleich strukturierte Systematik zur nachhaltigen Integration von leistungsgewandelten und schwerbehinderten Mitarbeitern. Was in einfachen Worten heisst:
Audi hat beispielsweise Menschen, die durch ihre langjährige Arbeit am „88 Sec Takt Band“ Schäden davontrugen und nicht mehr stehend arbeiten konnten, sitzende Arbeitsplätze kreiert, vorab getestet, wir konnten ein beeindruckendes Video davon sehen, der Vorteil war sogar, dass hierdurch eine Zeitersparnis erzielt wurde. Insgesamt beschäftigt die AUDI AG aktuell 1.620 Schwerbehinderte in Ingolstadt und Neckarsulm. Die Schwerbehindertenquote liegt bei 6,0 Prozent. Im Jahr 2010 wurden 170 neue Arbeitsplätze für schwerbehinderte und leistungsgewandelte Mitarbeiter geschaffen. Derzeit absolvieren 20 schwerbehinderte Menschen ihre Ausbildung bei der AUDI AG. Nach erfolgreichem Abschluss erhalten sie ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Preisträger Kleinunternehmen: Asperger Informatik, Schweiz. Bei der Preisübergabe und anschließenden Vorstellung der Firma durch die Gründerin und Inhaberin der Asperger Informatik, Susan Conza, kam diese auf der Bühne- nachdem sie wohlgemerkt schon einige Minuten gesprochen hatte- auf einmal ins Stocken und sagte vor ca. 100 Menschen: „Eigentlich können Autisten vor so vielen Menschen gar nicht frei sprechen!“ Der Saal war still, kein Atemzug war zu hören, niemand dachte, dass hinter dieser toughen Schweizer Geschäftsfrau eine Autistin steckt. Sie fand sich wieder, indem sie begann abzulesen.
Die Asperger Informatik AG Informatikdienstleistungen ist tätig in den Bereichen Software Testing und Webdesign. Das Büro ist mit Teppichböden ausgestattet, damit die Mitarbeiter durch Geräusche nicht abgelenkt und erschreckt werden, es hängen keine Bilder an den Wänden, um Reizüberflutung zu vermeiden, gemeinsame Meetings werden schriftlich per Email mitgeteilt, so korrespondieren die Mitarbeiter und die Geschäftsführung auch untereinander fast ausschließlich per Email, keine Telefone am Arbeitsplatz. Was die Karrikatur eindeutig veranschaulicht. Fünf der sieben Mitarbeitenden sind Asperger-Autisten. Sie verfügen über spezielle Fähigkeiten, die oft ideale Voraussetzungen für entsprechende Berufe in der Informatik darstellen.
Dass Asperger besondere Fähigkeiten haben und mit diesen insbesondere im Bereich der Informatik wirtschaftlich erfolgreich sein können, zeigt das Beispiel von Bill Gates. So sind sich Experten sicher, dass auch Bill Gates vom Asperger-Syndrom betroffen ist. Und die Krönung des ganzen Tages am Abend war, Fr. Susan Conza erzählte mir, weil A.P. und ich beim Apéro uns Witze erzählten:„Autisten verstehen weder Witz und Ironie.“ Ich habe ihr dann einen Blondinen Witz wörtlich übersetzt, d.h. ganz langsam erklärt, und es war dann das erste Mal in ihrem Leben, dass sie überhaupt über einen Witz lachen konnte: „Gehen 2 Blondinen auf der Straße nebeneinander, sagt die eine zur anderen: „Lass mich auch mal in die Mitte!“.
Susan, Liebe Grüße vom Schönen Überlinger See in die Schweiz an den Zürichsee.
Daniela S.