Geschichte der Psychiatrie Teil 2


altGeschichte der Psychiatrie zu Beginn des 19. Jh. bis Anfang des 20. Jh.

Im 19. Jahrhundert wurde in Europa damit begonnen, chronisch Kranke auf Gutshöfen zu beschäftigen.
Quelle: Landschaftsverband Rheinland – Qualität für Menschen
http://www.rk-bedburg-hau.lvr.de/

Wilhelm Griesinger (1817-1868) war einer der ersten Psychiater, der die gewaltfreie Behandlung in der Psychiatrie in Deutschland einführte. 

altJohn Conolly veröffentlichte 1856 in England eine Abhandlung über eine gewaltfreie Behandlung in der Psychiatrie. Dieses Buch wurde 1860 ins Deutsche übersetzt. Wilhelm Griesinger hielt sich 1861 in England auf und erlernte dort die gewaltfreie Behandlungsmethode.
Griesinger begann zunächst in Zürich und später in Berlin (1865) diese Methode in Deutschland einzuführen. Eine größere Anzahl von Psychiatern schloss sich der Methode Griesingers an. Griesinger forderte zusätzlich die Einrichtung von „Stadt Asylen“ um Patienten kurzfristig und wohnortnah stationär zu behandeln. Nur sehr unruhige und gefährliche Patienten wurden weiterhin in Pflegeanstalten auf dem Land behandelt.

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Das Essen war ungenießbar und teilweise verdorben: Insassinnen von Blackwell‘s Island, heute bekannt als Roosevelt Island.

Nach den Vorstellungen Griesingers entstanden in den Folgejahren an vielen Orten neue Stadtasyle unter anderem in Heidelberg (1878) und Freiburg (1887). An diesen Einrichtungen und den bereits bestehenden Kliniken wurden dann auch wieder Studenten ausgebildet. Da die Universitäten allein nicht in der Lage waren, die psychiatrische Behandlung für die steigende Bevölkerungszahl zu gewährleisten, wurden ab 1870 überall neue Anstalten gebaut. Die Anstalten wurden meist im Pavillonstil gebaut, d.h. in großen Parks wurden die Patienten in verschiedenen Häusern (Villen) untergebracht.
Durch den Beginn des 1. Weltkrieges wurden diese Errungenschaften wieder zunichte gemacht. Viele Menschen starben in dieser Zeit infolge von Unterernährung in den Anstalten. Nach dem

1. Weltkrieg erholte sich die deutsche Psychiatrie langsam wieder. Es waren vor allem Hermann Simon (Gütersloh) und Gustav Kolb (Erlangen), die sich für eine psychosoziale Versorgung einsetzten.

Hermann Simon (1867-1947) und die „aktivere Behandlung“.
Hermann Simon entwickelte 1914 sein Konzept der aktiven Behandlung. Seinen Vorstellungen nach sollten alle Patienten beschäftigt werden. Da manche Kliniken über eine sehr große Bettenzahl verfügten, konnte das Ziel der Beschäftigung aller nur durch eine gute Organisation erreicht werden. Von Patienten und Mitarbeitern wurde bedingungslose Anpassung verlangt. Die Patienten wurden kontrolliert und je nach Verhalten z.B. bei Arbeitsverweigerung bestraft oder bei guter Führung belohnt. Kritiker fanden dieses System unerbittlich und es wurde in den zwanziger Jahren sehr kritisiert. Allerdings war auch bekannt, dass die Patienten und Mitarbeiter recht zufrieden waren. Es gab wohl selten Gewalthandlungen und es mussten auch weniger Beruhigungsmittel gegeben werden. alt

Gustav Kolb und die offene Irrenfürsorge
Gustav Kolb war der erste Psychiater, der die gemeindenahe Psychiatrie in die Tat umsetzte. Er öffnete die Anstalten nach außen und führte die psychiatrische Familienpflege ein. Er baute in Erlangen ein System der offenen Fürsorge auf. Anfang des 20. Jh. wurden zwar viele Patienten stationär aufgenommen, es wurde aber nicht über eine Entlassung nachgedacht. Kolb setzte sich in Kutzenberg (1905-1911) und in Erlangen (1911-1934) für Erleichterungen bei der Aufnahme und Entlassung ein. Er sorgte auch für Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Er befürwortete die Einrichtung von
“Irrenschutzgerichten“ zur Kontrolle der Anstalten. Er setzte sich für den Aufbau von Kinderstationen, Trinkerheilstätten und Altenheimen ein. Die wichtigste Maßnahmen, um einer Überfüllung der Anstalten entgegenzuwirken, sah Kolb in der Organisation von Fürsorgemaßnahmen außerhalb der Anstalt. Zu den Aufgaben der „offenen Fürsorge“ gehörte die berufliche und soziale Wiedereingliederung nach der Entlassung aus den Anstalten.
Quelle: Prof .Dr. H.J. Luderer
http://www.lichtblick99.de/historisch1.html

EB

Bildquellen:
John Conolly
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Wilhelm Griesinger
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Hermann Simon
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Gustav Kolb
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