Persönliche Entfaltung


722636_Justitia_R_by_Thorben-Wengert_pixelio.jpg-200Die Kraft allen Lebens ist die Freiheit, etwas zu entscheiden und damit zu beeinflussen, zu bewegen. Dazu müssen mehrere Optionen vorhanden sein, etwas zu tun oder zu unterlassen. Im alltäglichen Sprachgebrauch ist oft verankert, sich die Freiheit zu nehmen. Eine Gesellschaft der Unabhängigen, Autarken und Starken. Das ist doch wunderbar! Woher nehme ich mir die Selbstbestimmtheit. Beschneide ich damit den Lebensraum eines anderen, der ähnliche Freiheiten verwirklichen möchte? Wie weit kann ich gehen, ohne die Rechte meines Nächsten zu verletzen? Im Beitrag jedes einzelnen für eine funktionierende Gesellschaft wohnt eine Verpflichtung, Verantwortung oder gar ein Zwang inne. Der Traum von der Ungezwungenheit, Ungebundenheit kann doch nicht so schnell zu Ende sein. Dann muss es doch eine garantierte Freiheit geben, damit »alle« sie genießen können. Betrachten wir doch einige elementare Grundzüge der juristischen und der psychologischen Freiheit. Die Hymne des rebellierenden Dichters Hoffmann von Fallersleben gibt unserer Nation eine Prägung »Einigkeit und Recht und Freiheit …«, die uns zu vereinen scheint.

Ein Blick in die Grundordnung des jeweiligen Landes, in unserem Fall der Bundesrepublik Deutschland, müsste doch die nötige Klarheit schaffen und einer Anarchie vorbeugen. Insgesamt sind im Grundgesetz im engeren Sinne 19 Grundrechte als sogenannten Rechtsgarantien für die Bürger unserer Nation verankert. Wo Rechte sind, ist ein definierter Freiraum aber auch eine Grenze, die man bei anderen wahren muss. Der vorbehaltlose Schutz der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG zur Selbstbestimmtheit ist der oberste Wert und soll unabhängig von Alter, Herkunft, Religion und anderen Unterscheidungskriterien jedem garantiert sein. Voraussetzung ist, dass die eigenen Freiheiten auch anderen zugebilligt werden, also deren Würde unangetastet bleibt. Der Mensch ist also nicht Objekt. Die nationalen Grundrechte sind die Ausgestaltung der unantastbaren Menschenwürde, die unverletzlich und unveräußerlich ist. Alle weiteren Rechte und Freiheiten in der deutschen Verfassung bauen darauf auf. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit, unabhängig von der Staatsangehörigkeit genießt nach Art 2 Abs. 1 GG einen ergänzenden verfassungsrechtlichen Schutz. Sie benennt die Handlungsfreiheit und damit körperliche Bewegungsfreiheit für Jedermann. Dazu sind Gesetze und andere Rechtsnormen notwendig, die Verstöße ahnden und die Rechte des Nächsten schützen. Ein allgemeines Persönlichkeitsrecht mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird gleichzeitig aus dem Zusammenhang mit Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitet. Es soll den einzelnen vor Eingriffen von außen schützen, einen Rückzugsraum schaffen. Jedermann ist gleich vor dem Gesetz. Einschränkende Befugnisse wie die Aufklärung von Straftaten werden genau katalogisiert und der Willkür entzogen. Eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne realisierbare Chance, die Freiheit wiederzuerlangen, verletzt die Menschenwürde und das Grundrecht auf Freiheit.

Von der Gleichberechtigung, Glaubensfreiheit, dem Schutz der Familie über Versammlungs-, Vereinigungsfreiheit, Kommunikationsgrundrechten bis zu Eigentumsrechten werden sämtliche Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens grundsätzlich geschützt. Menschliches Zusammenleben wird jedoch nur möglich, wenn bestimmte Grundwerte schon gegeben sind, unabhängig von normativen Festlegungen bestimmter Nationen. Es wird in diesem Zusammenhang zwischen Bürgerrechten für deutsche Staatsangehörige und Menschenrechten für alle unterschieden, die unabhängig von der Staatszugehörigkeit sind. Also sind die Menschenrechte menschliches Grundwissen über die Beziehungen untereinander. Das Menschenbild kennt Werte von Gleichheit, Sicherheit, Freiheit, Geselligkeit und Existenzsicherung, die auch als menschliche Würde zusammengefasst werden können. Damit sind wir auch hier wieder bei unserem obersten Verfassungsprinzip. Sie entstehen durch die Geburt und damit das Menschsein. Menschenrechte werden im Völkerrecht als Schutz- oder Abwehrrechte jedes einzelnen gegen die Einflussnahme von außen verstanden, also gegen die Beeinträchtigung der Menschenwürde.

Wir genießen also eine Freiheit in der Staatsordnung, mit der wir verantwortungsvoll umgehen müssen. Seien wir uns dieser jetzt einmal bewusst! Wenn wir mutig sind, Hürden überwinden und Energie aufwenden, uns zu unserer persönlichen Freiheit bekennen, können wir eigenverantwortlich Lebensbereiche gestalten und mit der Gesellschaft wachsen. Wir haben eine garantierte Handlungsfreiheit, eine körperliche Bewegungsfreiheit und können z. B. in einem staatlich verwalteten Schulwesen einen Beruf auswählen, den wir erlernen. Soweit die Theorie. Was hält uns manchmal davon ab, unsere vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen?

Naheliegend wäre doch die Annahme, dass wir unsere juristische Freiheit nicht im Detail kennen und daher nicht nutzen. Helfen Informationen aus unterschiedlichsten Quellen und Blickwinkeln und eine gute Urteilsfähigkeit? Nein! Das wäre zu einfach. Sinn und Inhalt von Rechtsnormen sind abstrakt und bedürfen einer zutreffenden Auslegung. Daraus soll letztlich ein einheitliches Rechtsverständnis zur Anwendung im Einzelfall geschaffen werden. Überstaatliche Prinzipien und Regeln des Völkerrechts erschweren dies. Daher ist eine Abhandlung Experten überlassen.

Persönliche Freiheit Elementarer ist die psychologische Freiheit im Denken und Erleben, die permanent unser Leben prägt, Tag für Tag. Sehen wir uns die doch näher an.

Momente der Freiheit sind Augenblicke, in dem wir uns der persönlichen Fähigkeiten und Talente im Handeln bewusst werden und die Fortschritte unserem Selbstwertkonto als Bonuspunkte gutschreiben. Selbstwirksamkeit wird erst erfahrbar durch das Vertrauen in die persönlichen Kompetenzen und Qualitäten. Der Abbau von „Barrieren im Kopf“ kann von übertriebenen Sorgen, Ängsten und Zwängen befreien. Sehen wir uns also den persönlichen Rahmen an. Die Diskrepanz zwischen Wollen und Handeln muss überwunden werden. Fehlt einfach der Wille? Vielleicht steht ja gerade eine notwendige Veränderung an! Wie kann denn nun Freiheit für alle im täglichen Leben umgesetzt werden?

Versuchen wir doch, durch eine Selbstbefragung Klarheit zu schaffen.

I. Was macht mich als Individuum aus?
Sich selbst kennenlernen und Bewusstsein entwickeln, was mit der Freiheit möglich ist: Persönlicher Hintergrund – Rollenverständnis – Lebensstil)

1. Herkunft: Kann ich zu meiner Grundprägung stehen oder verleugne ich sie schamhaft?
2. Motivation: Woraus bezog ich bisher meinen inneren Antrieb im Alltag? (Energiefelder)
3. Moralvorstellungen: Welche Werte sind mir im sozialen Zusammenleben wichtig?
4. Erwartungen: Kann ich mit meiner Freiheit umgehen oder versuche ich (unterschwellig eher zwanghaft) den Ansprüchen von Schlüsselfiguren in meinem Leben zu genügen?
5. Ziele: Was möchte ich erreichen und mit welcher Priorität?
6. Selbstwert: Kann ich meine innersten Bedürfnisse benennen und sie angemessen äußern?

II. Wie verarbeite ich Alltagssituationen?
Selbstreflexion: Fragen, die Ihnen dabei helfen, angemessen zu agieren und nicht wiederholt in ähnliche Verhaltensmuster zurückzufallen.)

  1. Erfassen: Eine verzerrte Wahrnehmung kann ein gestörtes Selbstbild erzeugen. In welchen Lebensbereichen nehme ich mich selbst anders wahr als mein Umfeld
  2. Rationalität: Manchmal erscheinen Gedanken und Vorstellungen als Beweis für innere Ängste. Sind meine Befürchtungen auch logisch mit Fakten belegbar
  3. Emotionalität: Angemessene Reaktionen im zwischenmenschlichen Umgang erleichtern die Kommunikation. Reagiere ich evtl. übersteigert in schwierigen sozialen Situationen?
  4. Frustrationstoleranz: Eine frustrierende Situation auszuhalten und in innerer Distanz objektiv zu bleiben, ist herausfordernd. Kann ich auch kleine Fortschritte würdigen und Verluste betrauern, ohne aus der Fassung zu geraten oder vielleicht gar aufzugeben?
  5. Kritikfähigkeit: Betroffenheit ist nicht in allen Situationen angebracht. Kann ich Einwände auf den Sachverhalt begrenzen oder sehe ich häufig meine ganze Person infrage gestellt?
  6. Innere Kritik: Manchmal empfinden wir uns geringwertig und scheinen nie »das Richtige« zu tun. Doch: Wo beeinflussen Selbsturteile meinen täglichen Weg?
  7. Inneres Denken: Manche Fragen scheinen sich, im inneren Monolog zu beantworten. Begegnen mir immer wieder die gleichen Leitsätze, über die ich dann nachdenke?

III. Wie kann ich schneller entscheiden, handeln und damit meine Freiheit nutzen?
(Aktive Zielverfolgung vs. sich leiten lassen: »Leben statt gelebt werden«)

  1. Ziel: Das Ziel und die Mindestanforderungen, der Zweck sollte so konkret wie möglich bekannt und vielleicht auch illustriert werden, um es nicht ständig zu verändern. Bei großen Zielen hilft die Zerlegung in konkret messbare Teilziele. Was möchte ich mit meiner Entscheidung ganz konkret in welchem Zeitrahmen verändern?
  2. Konkrete Wahlmöglichkeiten: Eine Fixierung von möglichen, realistischen Alternativen in der momentanen Situation mit möglichen Gefahren, die uns davon abhalten ermöglicht es, einen objektiven oder anders strukturierten Betrachter in die Meinungsbildung einzubeziehen. Eine selektive Wahrnehmung gilt es damit zu vermeiden, die gezielt bestimmte Punkte auszublenden versucht und unser Gewissen manipulieren könnte.
  3. Rationalisierung bei Veränderungen statt akribischem Perfektionismus: Freiheit bedeutet auch Entscheidungsfreiheit. Entscheidungen müssen auch getroffen werden! Es sollten zielrelevante Informationen auf die anstehende Problemstellung bzw. das tatsächliche Bedürfnis reduziert werden. Umso weiter der Blick in die Zukunft schweift und versucht, Dinge vorwegzunehmen desto größer wird die Unsicherheit. Eine Entscheidung wird immer im Augenblick getroffen. Es ergeben sich permanent neue Erkenntnisse, die schon morgen eine andere Auswahl sinnvoller erscheinen lässt. Warum möchte ich mit hohem Aufwand am letzten Quäntchen des Optimums feilen, wenn die Zeit sinnvoller für existenziellere Dinge investiert wäre, die sich höher auszahlen
  4. Innere Kommunikation: Einem inneren Dialog von anleitenden, fordernden, motivierenden aber auch demotivierenden Gedanken sachlich zu begegnen, ist herausfordernd. Sich von ihnen zu lösen, distanzieren und sie zu realisieren gibt die Kraft, eigenverantwortlich zu leben. Vom Monolog zum verständnisvollen Dialog. Beispiel für einen negativen Monolog: »Du bist aber wieder tollpatschig!« – positiver Dialog: »Heute bin ich nicht in Form. Dafür werde ich morgen ausgeruht umso strukturierter meine Aufgaben angehen. Ich gebe mir die Zeit.«
  5. Blockierende Einstellung – Worst-Case-Szenario (GAU): Die Verdeutlichung der Folgen, sich nicht zu entscheiden und damit die Verantwortung abzugeben, ist notwendig, um in sich hinein zu fühlen, was passiert, wenn eine »konsumierende« Passivität gelebt wird. Beim Zu-Ende-Denken der einzelnen Alternativen werden oft mögliche Folgen einer Fehlentscheidung gar nicht so schlimm empfunden, wie befürchtet. Katastrophendenken kann die Kreativität einschränken und lähmend wirken. Manchmal ist es hilfreich, zu überlegen, was hinter dem Tor der Entscheidung verborgen ist und wie sich die Perspektiven anfühlen.

585754_Über_den_Wolken_by_Dieter-Schütz_pixelioHaben Sie verborgene Schätze in ihrer Herkunft, Heimat, dem Dasein oder einfach im Handeln entdeckt oder liegen sie gerade an in einem bisher unzugänglichen Versteck bereit, gehoben zu werden? Dann gehen Sie ein Stück weit und sehen, wie es sich anfühlt, Mensch zu sein und die persönlichsten Momente in einem Bewusstsein der Offenheit für das ureigene Potenzial zu genießen. Sehe ich ein Lächeln?

T. N.