Neues aus der Geschäftsleitung


Lieber GePetZt Leser, liebe GePetZt Leserin,

im zweiten Quartal 2010 hat die Wirtschaftskrise nun auch das GpZ Überlingen entdeckt. Insbesondere in den industrienahen Abteilungen Montage und Metallverarbeitung ist die Auftragslage angespannt. Auch in den Abteilungen Gartenpflege und Digital Service nimmt der Preis- und Leistungsdruck stetig zu.

In der Montage ist gleich zu Beginn des Jahres unser Hauptkunde mit Preisreduzierungen um die 30% auf uns zugekommen. Diese massive Preiskürzung konnten und wollten wir nicht mehr akzeptieren. Wohl wissend, dass mit dem Wegbrechen des Auftrages die Beschäftigung aller Personen in dieser Abteilung über Wochen oder gar Monate sehr sehr schwierig wird. Unser Entscheidungshintergrund wird deutlich durch unser Antwortschreiben an diesen Kunden. Textauszug:

„Wir haben uns bewusst für diese Entscheidung etwas mehr Zeit herausgenommen als das sonst üblich ist. Zumal wir inzwischen viele Jahre zusammenarbeiten. Eine weitere Preisreduzierung kann ich Ihnen nicht anbieten. Auch für diese relativ einfache Tätigkeit haben Sie immer einen hohen Qualitätsanspruch an uns gehabt. Zu Recht wie ich meine. Diesem haben wir auch stets entsprochen. Diese Arbeit hat einen Wert. Nicht nur auftragsbezogen in Form von Wertschöpfung sondern auch als persönliches Anliegen unserer Mitarbeiter. Das vermitteln wir unseren Beschäftigten und das wollen wir auch unseren Partnern anbieten. Wertlose Arbeit bieten wir nicht an. Das hat einen arbeitspädagogischen Hintergrund, aber auch einen wirtschaftpolitischen. Wir müssen und wollen unsere Leistungen zu einem vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten. Gerne arbeiten wir weiterhin in gewohnter Zuverlässigkeit und Qualität für Sie. Allerdings zu den Ihnen bekannten Preisen.“

Nun ja – überzeugend war das offensichtlich nicht. Inzwischen arbeiten wir nicht mehr für diesen Kunden. Aber hierdurch ist auch Bewegung in unsere Arbeitsabläufe gekommen. Inzwischen konnten wir wieder einen neuen Kunden aus der Automobilbranche von uns überzeugen. Und über unsere Partner-Werkstätten bekommen wir in absehbarer Zukunft auch noch Beistand. Damit haben wir uns einigermaßen wieder erholt. Es bleibt allerdings noch viel Arbeit um die Auftragslage und die Auslastung wieder auf den gewohnten Level zu heben.

Unser Vorhaben, die Finanzierung unseres gemeinnützigen Auftrages immer stärker durch eine gut bezahlte Arbeit, Dienstleistung, Produktion, … zu unterstützen, wird zunehmend schwieriger zu realisieren. So sind wir bei den immer härter werdenden Rahmenbedingungen [Preis-, Leistungs- und Termindruck] immer stärker auf staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen. Das ist nicht nur unser Problem. Jeder Betrieb, jedes Unternehmen und damit auch die darin beschäftigten Mitarbeiter sind der immer härter werdenden Konkurrenz ausgesetzt. Wir wissen jetzt schon um die Zusammenhänge von Druck, Stress, … und deren psychischen Folgen. Keine Woche vergeht, ohne dass in der Zeitung darüber berichtet wird. Die Zahl der Personen, die aufgrund psychischer Belastungen krank werden steigt kontinuierlich. Auch diese Kosten werden durch das jeweilige Solidarsystem oder durch den Steuerzahler getragen.

Die Volkshochschule Bodenseekreis ist auf uns zugekommen und möchte mit uns eine kleine Veranstaltungsreihe ab Herbst 2010 veranstalten. Das GepetZt-Team wird bereits im Vorfeld aktiv werden und sicherlich auch im Nachgang darüber berichten. Nur mit Informationen und Vertrauen können wir der Stigmatisierung von psychisch kranken Menschen entgegen wirken. Die ersten Schritte zur Entstigmatisierung sind bereits getan. Insbesondere persönlich nachvollziehbare Informationen und Erlebnisse helfen den „Anderen“ zu verstehen und die Angst vor dem Fremden zu überwinden. Mit unserer GepetZt tragen wir zumindest in bescheidenem Maß dazu bei. Die geplante Herbstreihe der VHS-Bodenseekreis und dem GpZ Überlingen bietet eine weitere Chance die Entstigmatisierung voranzubringen.

Moderne Unternehmer nennen das Diversity Management und verstehen darunter „die soziale Vielfalt konstruktiv nutzen“. Damit werden Unterschiede nicht nur toleriert, sondern als gewinnbringend, besonders positiv beschrieben. Es besteht also noch Hoffnung für unsere „Arbeitswelt“.

Ingo Kanngießer