Ein Leben für die Kinder und die Kirche


orange_punktAls ich im Mai nach Heppenheim fuhr, traf ich am Bahnhof in Radolfzell Pfarrer Duffner vom Vianney Hospital. Für alle, die es nicht wissen, das Vianney Hospital hält 50 % der Anteile an der GpZ Überlingen gGmbH. Ich grüßte ihn. Er bat mich, neben ihm Platz zu nehmen und bot mir zum Sitzen einen Teil der Zeitung an, den er schon gelesen hatte, den politischen Teil. Wir fuhren eine Teilstrecke in Richtung Karlsruhe gemeinsam und unterhielten uns. Ich bat ihn, ihn zu einem Interview für die Winterausgabe GePetZt „Kinder“ besuchen zu dürfen. Er hatte mir davon erzählt, dass er 30 Jahre lang ein Kinderdorf im Neckar-Odenwald-Kreis führte, die Klinge Seckach.

Am 29. Oktober war es dann soweit. Ich marschierte zu Fuß Auf den Stein, besuchte noch die kleine zu Vianney gehörende Kapelle, weil ich zu früh dran war und klingelte dann pünktlich um 10 Uhr an seiner Privatwohnung. Er kam schon mit einem dicken Ordner und einer Begleitung die Treppe herunter. Da ich kein Auto hatte und er unser Büro im Industriegebiet Zum Degenhardt 12 endlich besichtigen wollte, chauffierte er uns persönlich. Seine Sekretärin aus der Zeit als Studentenpfarrer in Heidelberg war zu Besuch gekommen und begleitete ihn.
Herbert Duffner ist Pfarrer im Ruhestand, 1930 in Radolfzell geboren, wohnt in Überlingen. Er studierte Theologie in Freiburg und München, seine theologische Diplomarbeit wurde inspiriert durch den jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber. 1956 wurde er zum Priester geweiht, war Vikar in Überlingen, Rektor des Katholischen Lehrlingsheims in Freiburg, Studentenpfarrer in Heidelberg, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Heidelberg, Leiter des Kinder-und Jugenddorfes Klinge Seckach und ständiger Referent für christlich-jüdische Fragen. Er stiftete 1998 seine Bücherei des Judentums mit über 10.000 Büchern, Zeitschriften und Medien.
»Das besondere Interesse von Pfarrer Duffner gilt der Geschichte, der Glaubenswelt und der Kultur des Judentums, der Verfolgung der Juden, der Neuentdeckung fundamentaler Verbundenheit des Christentums mit seinen jüdischen Wurzeln, der Förderung eines ernsthaften Dialogs und einer Neubewertung des Verhältnisses der Kirche zum Judentum.

Besonders am Herzen lag Pfarrer Duffner auch die Ökumene. Immer war er bestrebt mit den evangelischen Geistlichen, die Kinder in der Klinge religiös zu betreuen hatten, ein gutes Verhältnis zu pflegen. Bei einer gemeinsamen Klingewallfahrt sitzen die beiden Seelsorger beim Mittagessen.

Besonders am Herzen lag Pfarrer Duffner auch die Ökumene. Immer war er bestrebt mit den evangelischen Geistlichen, die Kinder in der Klinge religiös zu betreuen hatten, ein gutes Verhältnis zu pflegen. Bei einer gemeinsamen Klingewallfahrt sitzen die beiden Seelsorger beim Mittagessen.

Bei Pfarrer Duffner fanden nicht nur elternlose Kinder oder Sozialwaisen aus Deutschland eine neue Heimat, er öffnete die Türen auch weit für Boatpeople aus Vietnam, Vertriebene aus Eritrea, Asylbewerber und Spätaussiedler. Zwei Jahrzehnte war der Kinder- und Jugendseelsorger Vorsitzender des Caritasverbandes für den Neckar-Odenwald-Kreis und dieses Amt gab ihm zusätzliche Möglichkeiten, sich für die Aussöhnung mit Polen und Juden zu engagieren. In Zusammenarbeit mit dem Maximilian-Kolbe-Werk lud er polnische Überlebende, die als Kinder in KZ›s verschleppt worden waren, in die Klinge ein, um ihnen in den Ferien ein anderes Deutschland zu zeigen. Bis heute erholen sich polnische Kinder dort – und das dankten sie dem Herr Pfarrer mit ihrem »Orden des Lächelns«.«
Ich hatte schon viel über ihn und seine Zeit im größten Kinderdorf Deutschlands der Klinge Seckach gelesen. Beeindruckend sind die vielen Auszeichnungen, wie z.B. das ihm von Minister Vetter 1998 verliehene Bundesverdienstkreuz und die Stauffer Medaille des Landes Baden Württemberg. Diese war für ihn das größte Zeichen von Anerkennung, dafür muss man wirklich etwas geleistet haben. „Denn ein Bundesverdienstkreuz bekommt man schnell,“ meinte er. Sein Ordner war gefüllt mit Ausgaben der Zeitung „Klinge“ von 1998 bis heute, die 4x jährlich erscheint. Obenauf illustriert eine Postkarte, in Dimension dieses Jugend- und Kinderdorfes. 1969 übernahm er die Leitung des Kinderdorfes und der Kuratie. Er war sozusagen Dorfpfarrer und Leiter.
Soviel Verantwortung tragen zu können, da musste man schon Gottes Hilfe an seiner Seite haben und viele Freunde und Gönner. Denn das war es, was er über die Jahre wirklich pflegte: Beziehungen, Menschen, die das Dorf unterstützten, vor allem auch finanziell.
Als der zum Leiter des Kinderdorfes bestimmt wurde, war das Geld sehr knapp. Sein Vorgänger Pfarrer Heinrich Magnani, der das Kinderdorf im Jahr 1951 gegründet hatte, musste große Investitionen tätigen, um das Dorf zu gründen, sanieren und aufrecht zu erhalten. Früher waren dies Barracken für Flüchtlinge, die um- bzw. neugebaut wurden in einzelne Wohnhäuser, in denen die Kinder in Kleinfamilien aufwuchsen.

Im Jahr 2000 besuchte der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Erwin Teufel (li.), das Kinder- und Jugenddorf Klinge. Die Begegnung stand offenbar im Zeichen gegenseitiger Sympatie

Im Jahr 2000 besuchte der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Erwin Teufel (li.), das Kinder- und Jugenddorf Klinge. Die Begegnung stand offenbar im Zeichen gegenseitiger Sympatie

Denn jede Familie ist ein kleiner Kosmos für sich und wichtig für die Entwicklung des Kindes. Die Atmosphäre der Familie, das Aufeinander Rücksicht nehmen ist eine wichtige Erfahrung in der Entwicklung, der Kinder.
Der Jahres-Etat des Kinderdorfes belief sich damals schon auf 12 Millionen Deutsche Mark. Mittel zur weiteren Entwicklung mussten beigebracht werden. Man musste sie erobern.Politiker zeigten sich regulär vor den Wahlen als Zeichen sozialer Gesinnung. Als jedoch eine sozial liberale Regierung auf die Idee kam, den Entwurf einer neuen Jugendhilferechts Reform vorzulegen mit der Absicht, Kinderheime und Kinderdörfer aufzulösen, schrieb er an die SOS Kinderdorf Leitung in München und erhielt Antwort. Sie gründeten eine Arbeitsgemeinschaft Kinderdörfer und tagten im Kinderdorf Klinge-Seckach. Er wurde zum Vorsitzenden der AG gewählt und hatte so die Chance, die gesamtdeutsche Problematik und Gesetzgebung der Kinderdörfer kennenzulernen. Es gibt in Deutschland 12 katholische Kinderdörfer.
Was ihm sehr wichtig war: „Die Ökumene spielte für mich eine sehr große Rolle. Ich hatte immer gute Beziehungen zu evangelischen Pfarrern, denn es gab auch ungetaufte Kinder und wir erklärten den Eltern, dass wir in einer religiösen Atmosphäre leben.“ So konnten Kinder auch evangelisch getauft werden.
„Ich habe das gerne gemacht. Ich war erfüllt von einer Aufgabe und einer Herausforderung. Das Kinderdorf ist heute noch das Größte.“
Auf meine Frage, ob es denn schwer für ihn war, das Kinderdorf zu verlassen und nach Überlingen in Pension zu kommen, sagte er: „Es war eine Überraschung für mich.“ Pfarrer Duffner wurde immer wieder nach Überlingen eingeladen, weil er hier auch schon nach seinem Studium als Vikar arbeitete. Aus diesen Einladungen ist eine Beziehung geworden, die geblieben ist. Er wurde persönlich angesprochen, ob er nicht der Pfarrer der Kapelle im Vianney werden wollte. Das Vianney-Hospital ist eine katholische Einrichtung für Menschen aller Glaubensrichtungen. Träger ist die Vianney-Gesellschaft e.V., die als gemeinnütziger Verein 1952 auf Initiative des Nervenarztes Dr. Günther Dichgans gegründet wurde. Der Verein benennt sich nach dem heiligen Pfarrer von Ars, Johannes Maria Vianney (1786—1859), welcher in der Nähe von Lyon, Frankreich ein Haus für Bedürftige gegründet hat. Seinem Vorbild entsprechend wurde auch in Überlingen ein Hospital im Vertrauen auf das „Deus providebit“ („Gott wird vorsorgen“) errichtet, zu einem wesentlichen Teil durch großherzige Spenden und Schenkungen. „Das Vianney wurde gegründet mit nur einem Haus. Der Gründer hat psychisch erkrankte Menschen aufgenommen und eine Kapelle erstellt. Denn er erkannte, dass Menschen genesen können, wenn sie sich religiös entwickeln.“ Sein Wort in Gottes Ohr!

Daniela S.

Quellen:
www.suedkurier.de
http://weltkloster.de

Bilder:
http://kinder-jugenddorf-klinge.info
www.vianney-hospital.de